Die Technologieführerschaft von Deutschland ist in vielen Bereichen unbestritten. Die zunehmende Bedeutung von Daten in der wirtschaftlichen Wertschöpfungskette verändert jedoch die alte Ordnung. Um den Weg der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung gehen und im internationalen Vergleich bestehen zu können, benötigt die Industrie ein Internet mit kognitiven Fähigkeiten und sicheren vernetzten Datenräumen. Der Fraunhofer Cluster of Excellence Cognitive Internet Technologies (CCIT) präsentiert auf der Hannover Messe vom 1. bis 5. April 2019 Technologien für dieses industrielle Internet anhand von vier verschiedenen Exponaten.
Das Rückgrat der deutschen wie auch europäischen Wirtschaft bildet nicht die sogenannte Plattformökonomie, sondern die Mobilitäts- und produzierende Industrie. Mit der voranschreitenden Digitalisierung und Vernetzung steigt jedoch der Druck, Daten stärker in industrielle Wertschöpfungsketten zu integrieren. Bei der smarten Datengenerierung, beim Teilen von Daten und bei der datenbasierten Ableitung von Entscheidungen geraten Industrieunternehmen immer mehr in Zugzwang – in Europa allerdings unter der Prämisse der Datensouveränität. Damit stehen sie vor komplexen Umwälzungen, für die sie Partner brauchen, die nicht nur Expertenwissen aus nur einer dieser Forschungsrichtungen mitbringen.
Auf diesen Bedarf der Industrie reagiert die Fraunhofer-Gesellschaft mit der Bildung von Exzellenzclustern. Der CCIT hat 2018 seine Arbeit aufgenommen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu wahren, ihre Innovationskraft zu stärken und die digitale Souveränität zu sichern – mit einem neuen Internet für die Industrie.
Auf der Hannover Messe 2019 zeigt das Fraunhofer CCIT die Meilensteine seiner Forschungsmission: Agile und mobile Produktionssysteme der Industrie 4.0 sowie Mobilitätsanwendungen basieren auf Technologien, die eine Identifizierung und Lokalisierung von Komponenten, Maschinenteilen und Werkzeugen innerhalb eines Netzwerks von Sensoren zum Erfassen von Daten ermöglichen. Diese Smart Data stellen die Basis für eine Echtzeitentscheidung auf der Empfängerseite. Die Forschungsergebnisse des CCIT verdeutlicht – übertragen auf ein Szenario aus dem Bereich Logistik 4.0 – das Exponat "Sichere Produktverfolgung mit vertrauenswürdigen Technologien", das eine sichere Lokalisierung mit Machine Learning und Blockchain-Technologie kombiniert.
Eine erste Umsetzung der Lokalisierungstechnologie zeigt der "Low-Cost-Tracker", der in Zusammenarbeit mit der Telekom entwickelt wurde. Mit dem "Industrial Data Space" hat Fraunhofer bereits eine Referenzarchitektur für komplexe Vernetzungsszenarien im industriellen Datenaustausch unter der Wahrung von Datenhoheit und Datensouveränität präsentiert.
Die Integration von Methoden der künstlichen Intelligenz auf vernetzten Ebenen ist ein wichtiger Bestandteil des Forschungsbereichs des CCIT. Den aktuellen Forschungsstand moderner maschineller Lernmethoden zeigt das Exponat Bildbasierte Qualitätskontrolle". Wie sogenannte Informed Machine Learning-Technologien die Mensch-Maschine-Interaktion erleichtern und neue Dienstleistungen für Industriekunden anbieten können, wird anhand des Exponats "Spoken Dialog Systems for Business and Domain Knowledge" gezeigt: Der erste deutsche Sprachassistent, der auf Domänenwissen beruht, gewährleistet die digitale Souveränität und erfüllt auch die Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Derzeit basieren Internet-basierte Anwendungen auf den Paradigmen des Kommunizierens, Erfassens großer Datenmengen und deren Verarbeitung. Für industrielle Anwendungen ist diese Infrastruktur jedoch unzureichend. Notwendig ist eine Infrastruktur, die erweiterte Funktionen der Wissensgenerierung bietet: aus heterogenen Quellen, zusammengeführt unter der Prämisse des Lernens und der dynamischen Verhaltensanpassung.
"Wir glauben, dass es ein kognitives Internet ist, das dem Bedarf der Industrie gerecht wird", erklärt Prof. Claudia Eckert, Direktorin des Clusters. "Die kognitiven Fähigkeiten des Menschen – die Sinneswahrnehmung, Vorstellungskraft und Erinnerung, sowie das Planen, Orientieren und Lernen – müssen in heutige Internettechnologien überführt werden. Das kognitive Internet bildet unternehmensübergreifend Plattformen, um Daten aus den verschiedensten Quellen zusammenzuführen und kontrolliert verfügbar zu machen."
An der Umsetzung des kognitiven Internets für die Industrie arbeiten insgesamt dreizehn Fraunhofer-Institute in drei Forschungszentren: IoT-Comms unter Leitung von Prof. Dr. Albert Heuberger, Machine Learning unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Wrobel und Prof. Dr. Christian Bauckhage sowie Data Spaces unter Leitung von Prof. Dr. Boris Otto. Unterstützt werden die Bereiche von Anwendungszentren und Testlaboren zum Transfer der Forschungsergebnisse. In systematischer interdisziplinärer Zusammenarbeit entsteht eine Infrastruktur, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Produkte, Prozesse und Dienstleistungen zu verbessern und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Der Fraunhofer CCIT bietet eine einfache Schnittstelle als Zugang zur gebündelten Technologiekompetenz von insgesamt dreizehn Fraunhofer-Instituten. Die Komplexität, die durch Digitalisierung und Vernetzung von Unternehmen deutlich zunimmt, wird beherrschbarer, und der digitale Strukturwandel in Unternehmen kann nachhaltig, sicher und effizient gestaltet werden. Auf der Hannover Messe 2019 präsentiert der CCIT sein umfangreiches Beratungsangebot, um Unternehmen zu befähigen, ihre Produkte, Prozesse und Dienstleistungen zu verbessern und auf dieser Grundlage neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. (sg)