Der Mangel an IT-Fachkräften hat in Deutschland mit derzeit 82.000 offene Stellen einen neuen Höchststand erreicht. Das entspricht einem Anstieg um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahr 2017 waren 55.000 Stellen nicht besetzt. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie zum Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte des Digitalverbands Bitkom. Grundlage ist eine repräsentative Befragung von 855 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen in Unternehmen ab drei Mitarbeitern. Demnach gaben 82 Prozent der Befragten an, dass derzeit ein Mangel an IT-Spezialisten herrsche. Vor einem Jahr waren es noch 67 Prozent.
In den Unternehmen geht man davon aus, dass die Zahl unbesetzter Stellen weiter steigen wird. So erwarten 59 Prozent, dass sich der Fachkräftemangel in Zukunft weiter verschärfen wird. Die Personalsuche gestaltet sich als langwierig. Im Durchschnitt dauert es fünf Monate, eine offene IT-Stelle zu besetzen. 31 Prozent berichten, dass IT-Jobs langsamer besetzt werden können als andere Positionen.
"Quer durch alle Branchen werden IT-Spezialisten händeringend gesucht. Auch in vielen klassischen Berufen steigen die Anforderungen an die Digitalkompetenz. Diese Entwicklung zeigt sich in der rasant wachsenden Zahl vakanter IT-Jobs", erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Der Fachkräftemangel könne schon bald zur bedrohlichen Wachstumsbremse werden. "Jede offene Stelle bedeutet einen Verlust. Einen Verlust von Wertschöpfung, ein Weniger an Innovationen – und das gilt schon lange nicht mehr nur für die IT-Branche, sondern die gesamte Wirtschaft und den öffentlichen Bereich", so Rohleder.
Die besten Aussichten auf dem IT-Arbeitsmarkt haben Software-Entwickler. Drei von zehn Unternehmen aller Branchen (29 Prozent) mit mindestens einer offenen IT-Stelle suchen Programmierer. Dahinter folgen Projektmanager (17 Prozent), Anwendungsbetreuer (13 Prozent), Qualitätsmanager (9 Prozent) und Sicherheitsexperten (8 Prozent). Einen aufsteigenden Trend gibt es bei den vergleichsweise neuen Profilen Data Scientist (7 Prozent) und Virtual Reality Designer (6 Prozent). "Die IT-Berufe differenzieren sich immer weiter aus und es entstehen immer neue Berufsbilder", so Rohleder.
Die Besetzung von IT-Stellen scheitert vor allem an er Entlohnung, aber auch an fehlender Qualifikation und Kompetenz. So lässt die starke Nachfrage nach IT-Spezialisten auch die Gehaltsvorstellungen der Bewerber steigen. 76 Prozent der Befragten erklären, die Bewerber forderten zu viel Gehalt. Vier von zehn (38 Prozent) bemängeln fehlende fachliche Qualifikation, ein gutes Drittel (35 Prozent) vermisst Soft Skills wie etwa Sozialkompetenzen. Erst danach rangieren mangelhafte Testergebnisse im Auswahlverfahren (24 Prozent). Rohleder: „IT-Fachkräfte haben beste Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Bei guter Qualifikation können sie sich den Job in der Regel aussuchen. Das führt dazu, dass gute Kandidaten für viele Unternehmen kaum zu bezahlen sind – gerade für den Mittelstand und die öffentliche Hand.“
Bei der Personalsuche allgemein setzen die Unternehmen vor allem aufs Internet. So veröffentlichen 92 Prozent Jobangebote auf der eigenen Webseite beziehungsweise einer zugehörigen Karriereseite. Sieben von zehn (70 Prozent) suchen über die Arbeitsagentur nach Mitarbeitern, etwa ebenso viele (69 Prozent) verlassen sich auf Mund-zu-Mund-Propaganda beziehungsweise persönliche Kontakte. Jedes zweite Unternehmen nutzt Online-Stellenbörsen (51 Prozent) oder Business-Netzwerke wie LinkedIn oder Xing (50 Prozent), jedes vierte Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter (28 Prozent).
Die Unternehmen erwarten, dass künftig beim Recruiting Online-Medien und direkte Kontakte immer wichtiger werden. An Bedeutung gewinnen werden auch Online-Stellenbörsen wie Monster oder Stepstone (69 Prozent), Karrieremessen (61 Prozent), Personalvermittlungen beziehungsweise Headhunter (54 Prozent) und Kooperationen mit Hochschulen und deren Netzwerken (51 Prozent). Dagegen werden klassische Kanäle wie Zeitungen (87 Prozent), Fachmagazine (70 Prozent) und Arbeitsagentur (45 Prozent) an Bedeutung verlieren, prognostizieren die Unternehmen. (Stefan Girschner)