Laut einer aktuellen Prognose der Analysten von IDC wird sich die Anzahl der derzeit weltweit 14,9 Milliarden verbundenen „Dinge“, also vernetzte Produkte, Maschinen und Anlagen, bis 2020 verdoppeln. Um aktuelle Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Nutzung von Internet of Things (IoT)-Technologien untersuchen zu können, hat IDC im Oktober 2016 395 Unternehmen in Deutschland mit mehr als 100 Mitarbeitern aus acht Branchen befragt.
Für 72 Prozent der Befragten sind Anwendungen im Bereich Internet of Things sehr oder extrem wichtig für ihr Unternehmen. Allerdings befindet sich ein Großteil der Organisationen noch in der Evaluierungs- und Planungsphase von IoT-Projekten, wobei Großunternehmen bei der Umsetzung schon weiter sind als der Mittelstand. Behindert wird die schnelle Umsetzung von IoT-Initiativen vor allem durch knappe Budgets, wie 28 Prozent der Befragten angab, dem Mangel an Know-how (24 Prozent) und der hohen Komplexität von IoT-Lösungen (27 Prozent). Viele Unternehmen befinden sich dabei noch in einer frühen Phase, wie auch die Finanzierung über Projekt-Budgets (25 Prozent) oder Budgets aus den Fachbereichen (23 Prozent) zeigt. Laura Hopp, Consultant bei IDC, kommentiert: „Unternehmen haben bislang noch nicht ausreichend erkannt, dass sie durch IoT ihre digitale Transformation vorantreiben können. Organisationen müssen eine schnelle Umsetzung forcieren, wollen sie nicht von innovativeren und schnelleren Wettbewerbern überholt und abgehängt werden.“
Unternehmen mit einer Vorreiterrolle bei IoT-Initiativen erwarten, dass bis 2019 die Hälfte ihrer Produkte „IoT-Ready“, also vernetzt sein wird, was einer Steigerung von 69 Prozent entspricht. Entscheidend ist dabei, dass IoT-Technologien nicht nur für die Optimierung interner Prozesse und Abläufe verwendet werden können, sondern auch in die angebotenen Produkte einfließen können. Erst durch die Integration von Sensorik, eingebetteten Systemen und Konnektivität werden diese Produkte IoT-Ready.
Durch die zunehmende Vernetzung erhöht sich auch die Gefahr durch unerlaubte Zugriffe von externen Personen und Organisationen auf die in den Produkten gespeicherten Daten. Jeder vierte Hersteller von intelligenten und vernetzten Produkten berichtet bereits von einem derartigen Sicherheitsvorfall in den letzten 12 Monaten. Auch die kürzlich erfolgten Distributed-Denial-of-Service (DDoS)-Attacken mit vernetzten Objekten auf Unternehmen verdeutlichen, dass Sicherheitsfunktionalitäten noch nicht ausreichend integriert sind. Die Sorge vor potenziellen Angriffen spiegelt sich auch bei der größten Herausforderung für IoT-Initiativen wieder, dem Datenschutz und der Datensicherheit, die nur durch ein ausgereiftes Sicherheitskonzept gelöst werden kann.
Unternehmen durchlaufen im Allgemeinen vier Stufen bei der Umsetzung von IoT-Projekten: Im ersten Schritt werden Objekte, Assets oder Produkte vernetzt. Die dadurch entstehenden Informationen liefern die Grundlage für die zweite Stufe, das Monitoring der entsprechenden Objekte und Prozesse. Bei der dritten Stufe nutzen Unternehmen die daraus generierten Informationen, um Abläufe und Verfahren zu optimieren. Im vierten Schritt werden neue Angebote und Services für Kunden durch beispielhafte IoT-Anwendungsfälle realisiert. Branchenübergreifend werden Anwendungsfälle, die auf einer Vernetzung der Objekte beruhen, am häufigsten umgesetzt. Viele Unternehmen befinden sich somit noch in der ersten Phase, die vom internen Fokus im Gegensatz zum Kundenfokus dominiert wird. Dies verdeutlicht, dass viele Unternehmen mit der Umsetzung erst begonnen haben, sie sollten jedoch nicht auf der ersten oder zweiten Stufe stecken bleiben, empfehlen die Analysten von IDC. Im Branchenvergleich liegen Maschinen- und Anlagenbauer bei IoT-Initiativen vorne, insbesondere was die Planung von innovativen Angeboten auf Basis der vernetzten Maschinen und Anlagen betrifft. Aufgrund der allgemeinen Ressourcenknappheit und regulatorischen Voraussetzungen bildet die öffentliche Verwaltung das Schlusslicht beim Einsatz und bei der Planung von Smart-City-Anwendungsfällen. Auch wenn einige IoT-Anwendungsfälle branchenspezifisch sind, lassen sich Best Practices zwischen Industrien übertragen. IDC empfiehlt Unternehmen und Organisation daher, über ihre Branchengrenzen hinausschauen, um von Vorreitern zu lernen.
Mit der wachsenden Zahl an verwirklichten Use Cases steigt auch die Menge an entstehenden Sensordaten. Diese Datenflut führt zwangsläufig dazu, dass die Übertragung, Speicherung und Analyse sämtlicher IoT-Daten in Rechenzentren immer seltener zielführend sind, da beispielsweise die Netzinfrastruktur nicht ausreicht oder Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen müssen. Durch das Edge Computing können Analysen schneller getätigt und Kosten für die Datenübertragung reduzieren werden.„Wir erwarten, dass bis zum Jahr 2019 mindestens 40 Prozent aller IoT-Daten weltweit at the Edge, also im oder in der Nähe des vernetzten Objektes, gespeichert, verarbeitet und analysiert werden“, erklärt Mark Alexander Schulte, Senior Consultant bei IDC. „Dass 81 Prozent der befragten deutschen Unternehmen zumindest einen Teil der entstehenden Daten am Entstehungsort verarbeiten wollen, bestätigt den Trend in diese Richtung ganz klar.“
Durch die zunehmende Verarbeitung von Daten „at the Edge“ werden Endpoints zum Informationsträger und damit auch attraktiver für Cyber-Kriminelle. Daher gilt der Absicherung und dem Management der vernetzten Objekte besonderes Augenmerk. Die Funktionen von IoT-Plattformen umfassen neben dem Device Management die Verwaltung der Applikationen und der Konnektivität sowie die Verarbeitung, das Reporting und die Analyse der Daten. Für acht von zehn Unternehmen, die derzeit IoT-Initiativen planen, gehört die Einführung einer IoT-Plattform zum festen Bestandteil. In den letzten zwei Jahren wurden zahlreiche neue IoT-Plattformen am Markt angekündigt, teils mit großen Unterschieden. Unternehmen sollten bei der Auswahl nicht nur den Funktionsumfang, sondern auch das langfristige Konzept des Anbieters überprüfen, denn laut IDC werden auf längere Sicht fünf bis sechs Plattformen den IoT-Markt beherrschen.
Das Internet of Things bietet Unternehmen nicht nur die Möglichkeit, interne Abläufe zu optimieren, sondern auch komplett neue Geschäftsmodelle zu verwirklichen. Es ist somit ein Schlüsselelement der digitalen Transformation von Unternehmen. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass sich Anwender noch zu sehr auf die Optimierung von internen Abläufen konzentrieren. Dabei wird das Potential, durch vernetzte Produkte und Services einen Mehrwert für Kunden zu bieten, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und neue Umsatzquellen zu erschließen, wird oftmals verkannt. Die Analysten von IDC sind überzeugt, dass Unternehmen, die den Fokus ihrer IoT-Aktivitäten frühzeitig auf den Kundennutzen ausrichten, am stärksten von der Vernetzung profitieren werden.
Autor: Stefan Girschner