Das Vergleichen der Angebote ist eine Prozedur, die Wochen dauern kann, auch, weil die angefragten Komponenten selten exakt so angeboten werden wie ausgeschrieben. Der deutsche System-Entwickler Aucotec hat im Rahmen seiner Software-Plattform ‚Engineering Base‘ ein Werkzeug entwickelt, das die Angebotsphase für Anlagenbetreiber und ihre Zulieferer erheblich vereinfacht und verkürzt. Die damit erarbeiteten Daten sind zudem durchgängig weiter für das Engineering nutzbar.
Bislang ist das Procedere enorm aufwändig: Das ausschreibende Unternehmen erstellt zunächst ein Verfahrensfließbild (Flowsheet bzw. Process Flow Diagram PFD) und leitet daraus in der Regel Datenblätter ab zu all den Maschinen und Aggregaten, die es sich anbieten lassen möchte. Diese Datenblätter werden meist, aber nicht durchgängig, im xls-Format ausgegeben. 600 solcher Spezifikationsblätter sind bei einer Ausschreibung keine Seltenheit.
Die Zulieferer, auch Tenderer genannt, müssen zunächst einmal ihren Themenbereich in diesen Datenblättern finden. Allein das kann bei Hunderten von Blättern eine Weile dauern. Anschließend füllen die Tenderer diese Blätter von Hand aus. Dabei spezifizieren sie ihre Komponenten noch entsprechend ihrem individuellen Portfolio. Manchmal ändern sie zudem aufgrund ihrer Berechnungen das Flowsheet, z. B. durch Anpassung eines Antriebs oder der Filterfläche. Dieses ‚Proposal Engineering‘ der verschiedenen Zulieferer muss der Ausschreiber ‚händisch‘ vergleichen. Das kann Wochen dauern, denn es müssen nicht nur die verschiedenen Angebote miteinander verglichen werden, sondern auch die Abweichungen der angebotenen Geräte und Komponenten von der Ausschreibung. An diesem Vergleich sitzen oftmals gleich mehrere Fachleute, deren Know-how für andere Aufgaben ebenso dringend gebraucht würde. Dennoch passiert es häufig, dass etwas übersehen wird.
Nach diesem ersten Vergleich wird mit den interessantesten Tenderern auf einem höheren Level dieselbe Prozedur noch mindestens ein Mal in Gang gesetzt. Das bedeutet noch mehr Attribute, noch mehr Zeit sowohl für die Anbieter als auch für den anschließend wieder notwendigen Vergleich. Am Ende dann muss der Zulieferer, der den Zuschlag erhält, ein weiteres Mal die Unterlagen bearbeiten für seine endgültigen Spezifikationen, die dann Grundlage sind für den abschließenden Vertrag. Einen Großanbieter z. B. in der Zementindustrie kostet die erste Angebotsphase schon rund 100.000 US-Dollar, die zweite Stufe kann das Zehnfache an Zeit, Manpower und Geld verschlingen.

Aucotec hat für diese Herausforderung gemeinsam mit einem der größten Zement-Anlagen-Betreiber der Welt eine Lösung geschaffen, die den ganzen Prozess der Ausschreibung gravierend vereinheitlicht und beschleunigt: Zu der datenbankbasierten Plattform für das Anlagen-Engineering, die dort im Einsatz ist, wurde ein Werkzeug entwickelt, das das Tendering mit dem Prinzip der zentralen Datenhaltung unterstützt.
Ausgangslage für den neu entwickelten Prozess ist das Flowsheet bzw. PFD, das das ausschreibende Unternehmen mit der Plattform Engineering Base (EB) auf Basis der Design-Vorgaben aus der Feasibility-Studie erstellt. Per Knopfdruck lässt sich dann aus dem EB-Flowsheet ein Tender-Projekt generieren. Dieses Projekt können die Zulieferer in ihre EB-Datenbank einlesen, um dort das Datenmodell mit ihren Angaben zu füllen. Dazu haben sie rund 7000 Attribute zur Verfügung, die die Besonderheiten der Spezifikationen von mechanischen, prozess- und auch elektrotechnischen Komponenten berücksichtigen. Alle Eingaben für eine bestimmte Komponente müssen nur einmal erfolgen, nichts kann übersehen oder vergessen werden. Jede Darstellung eines Objektes, egal ob in Liste oder Grafik, greift immer auf dieselbe Datenbasis zurück.
In dem neuen Tendering-Prozess sind sämtliche Datenblätter mit dem Flow Diagram verlinkt, was im herkömmlichen Verfahren nicht möglich ist. Diese Verlinkung ist für die Navigation im Projekt ebenso wichtig wie für das Änderungs-Management. Ein ausgedrucktes PFD kann bis zu 20 Meter lang werden, das macht jede Suche sehr aufwändig. Das datenbankbasierte EB übernimmt Änderungen im Flowsheet automatisch für alle dazugehörigen Datenblätter und umgekehrt. So müssen zum Beispiel auch Modifikationen an den vorgegebenen Eigenschaften der zu bearbeitenden Materialien, wie Granularität, Feuchtigkeitsgrad, Gewicht, Dichte, Temperatur etc., nur an einer Stelle korrigiert werden. Diese Eigenschaften sind an jeder mechanischen Komponente sichtbar. Sollte sich auch nur eine Kleinigkeit an einer der Vorgaben ändern - und das kommt immer wieder vor - müsste man nach der herkömmlichen Methode jedes Datenblatt, in dem diese Eigenschaft eingetragen ist, zunächst ausfindig machen und dann ebenfalls korrigieren. Mit EB reicht die einmalige Änderung an einer beliebigen Stelle, sämtliche wiederholten Darstellungen oder Nennungen ändern sich automatisch mit.
Die auszufüllenden Attribute werden vom Anbieter direkt im Tender-Projekt bearbeitet. Dabei können die Supplier verschiedene Filterungen und Vorgehensweisen auswählen, so dass sie nicht Hunderte von Datenblättern durchgehen müssen, um die für sie relevanten Bereiche zu identifizieren. Vom Flowsheet aus genügt ein einfacher Klick auf ein bestimmtes Objekt, um seine Entsprechung auf dem dazugehörigen Datenblatt zu finden. Und umgekehrt führt der Weg ebenso leicht vom Datenblatt zur genauen Platzierung im PFD.
Zum einen lassen sich die für einen Anbieter interessanten Themen datenblattbezogen herausfiltern. So könnte der entsprechende Experte zum Beispiel sein Angebot für eine ganz bestimmte Maschine abgeben und nach allen dazugehörigen Datenblättern sortieren. Die andere Möglichkeit wäre eine Listen-Ausgabe, bei der beispielsweise sämtliche für die zukünftige Anlage abgefragten Förderbänder zusammengefasst werden. Dort lassen sich dann die möglichen Motorleistungen, Bandbreiten und –Längen oder Förderkapazitäten und alles, was sonst noch dazugehört, eintragen. Das EB-Projekt gibt in vielen Fällen zusätzlich alle möglichen Varianten vor, so dass der Anbieter noch einmal Zeit sparen kann durch einfaches Auswählen einer Option. Alle Supplier-Angaben werden dann beim Ausschreiber automatisiert von EB in das ursprüngliche Tenderprojekt eingelesen.
Mit den verschiedenen Angebotsphasen steigt der Detaillierungsgrad der gefragten Informationen. In der ersten Phase werden meist zunächst die gröberen Materialanforderungen abgefragt, also etwa die für den Transport von 3000 Tonnen pro Stunde für einen bestimmten Anlagen-Abschnitt erforderlichen Bänder, Antriebe, Filter, Trichter, Silos und so weiter. Die nächste Phase würde bereits so weit ins Detail gehen, dass daraus ohne Weiteres das Basic-Konzept einer Anlage mit deutlich genaueren Informationen, wie zum Beispiel Antriebsleistungen und genaue Abmaßen daraus ableitbar wäre. Bisher mussten nach der Ausschreibungsphase all diese schon recht ausgefeilten Ausarbeitungen per Hand in das reale Planungs-Projekt eingetragen werden. Mit EB lassen sich Daten, die vom später ausgewählten Zulieferer in der Angebotsphase generiert wurden, auch in der konkreten Planung ganz einfach weiterverwenden, es handelt sich hier nach wie vor um die gleichen Projektdaten.

Am Ende des Ausschreibungs-Prozesses importiert EBs ‚Tendering Manager‘ alle Anbieter-Informationen und vergleicht automatisiert jedes einzelne Attribut der eingetragenen Objektdaten – und das können wegen der vielfachen Nutzung gleicher Komponenten in einer Anlage leicht mehr als 20.000 sein. Werden in einer Zementanlage etwa 15 Conveyor verbaut und jeder hat rund 100 Attribute, so ist leicht vorstellbar, wie schnell die zu bearbeitende Datenmenge ansteigt und die Bearbeitungskomplexität zunimmt. In wenigen Minuten zeigt der Manager die Unterschiede, die sonst in wochenlanger Arbeit gesichtet, sortiert und bewertet werden müssten – ohne Format- und Werkzeugübergänge, ohne endlose Papier-Listen, ohne langes Suchen. Auch hier gibt es wieder arbeitserleichternde Auswahlmöglichkeiten. Zum Beispiel kann der Bearbeiter sich vom Tender Manager auf Knopfdruck nur die Angebote anzeigen lassen, die sich von der Ausschreibung unterscheiden, nur die Zeilen, die ausgefüllt sind, nur die Spezifikationen, die untereinander verschieden sind. Oder alle Angebote zu ganz bestimmten Komponenten. Nur EB ermöglicht für das Tendering so einen klaren Überblick.
In den Listen, die der Tender Manager ausgibt, sind alle Angebote nebeneinander aufgeführt, so dass keine Angabe vergessen oder übersehen werden kann. Im Process Flow Diagram kann der Ausschreiber zusätzlich jedes einzelne Angebots-Projekt, das sich aus den Spezifikationen der Supplier ergeben hat, mit dem Ursprungsprojekt des Ausschreibers außerordentlich übersichtlich vergleichen, denn nach dem Import der Anbieter-Daten in das Projekt zeigt das Revisionsmanagement alle Änderungen an. Auch dieser Überblick über Abweichungen ist einzigartig und enorm zeitsparend. So vereinfacht und verschlankt die Übernahme des Tenderprojektes und das Ausfüllen der Datasheets in einem einheitlichen Format Prozesse bei allen Beteiligten – Ausschreibern wie Tenderern - erheblich.
Von dem für und mit einem Betreiber entwickelten Tendering Tool profitieren die Tenderer ebenfalls mehrfach. Ein Pilotkunde aus der Zement-Zuliefer-Industrie, der EB und seine Tendering-Unterstützung nutzte, wurde auf Anhieb um 20 Prozent schneller.
Der Tenderer muss nur noch ein Projekt verwalten und nicht wie sonst üblich seine Spezifikationen aufwändig in verschiedene Systeme einbringen. Der Zeitgewinn durch die einheitliche Vorgehensweise potenziert sich noch, wenn der Zulieferer des Zulieferers wiederum auf derselben Basis seine Angebote und Spezifikationen abgibt, die dann einfach in das übergeordnete Projekt übernommen werden können. Denn EB erleichtert die Kooperation mit Partnern, indem Unterprojekte einfach ausgegliedert werden können. Die bereits erwähnten automatischen Updates und das enorm schnelle Zurechtfinden und Navigieren in allen Unterlagen beschleunigen auch den Bietprozess merklich. Die Anbieter profitieren darüber hinaus genau wie die Ausschreiber von dem besseren Überblick und können sicher sein, ihr Angebot immer passend im korrekten Zusammenhang abzugeben.
Quelle: Johanna Kiesel, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, jki@aucotec.com